Obershausen
Obershausen (Superio Rulshusen) wird zum ersten Male im Jahre 1307 in einer Tauschurkunde genannt. Darin wird ein Tausch von Leibeigenen festgelegt. Eine Frau aus Obershausen wird gegen eine Frau aus Dillhausen getauscht. Alle Dörfler waren damals leibeigen. Sie hatten an ihre Landesherren, die Chorherren des Walpurgisstifts zu Weilburg, eine Zehntpacht zu zahlen. Alljährlich kam der Präsenzmeister und prüfte mit Kennerblick den Saatbestand. Dann setzte er die Verpachtung an, die fast immer in ein zähes Feilschen mit den Bauern ausartete. Meistens betrug eine Zehntpacht 7 bis 9 Malter Korn. Im Jahre 1511 gab es in Obershausen 14 Häuser, 48 Kühe und 166 Schafe. Die Häuser, sogar die Kirche, waren damals mit Stroh bedeckt.
Die Obershäuser Kirche ist in der Zeit zwischen 1000 und 1300 durch die Grafen von Merenberg erbaut worden. Sie waren Vögte über das Land. Die Kirche ist dem heiligen Nikolaus geweiht, daher hieß der Berg, auf dem sie steht, damals Nikolausberg. Die Kirche ist ein kleines, im Kern romanisches Schiff mit schmalem quadratischem Chor und achteckigem Spitzhelmdachreiter. An der Südseite des Schiffes befindet sich ein romanisches Portal. Ein rundes romanisches Taufbecken stand früher in der Kirche. Jetzt können wir es auf dem Friedhof, der rund um die Kirche angelegt ist, sehen. Die Kirche ist mehrere Male in Stand gesetzt worden. Obershausen gehörte abwechselnd zum katholischen Kirchenspiel Mengerskirchen und Dillhausen. In den Jahren 1534 bis 1536 wurde Obershausen lutherisch. 1570 wurde die Pfarrei Niedershausen eingerichtet und 1628 kam Obershausen zum evangelischen Kirchenspiel Niedershausen, wozu es heute noch gehört.
Im Jahre 1510 schenkte Graf Johann von Nassau-Beilstein der Obershäuser Gemeinde die Mohrheck, später die Mahrheck genannt. (Mahr = Mad = rheinisch gemahd = Hecken, in denen Gras stand, gemahre = Reihegemähten Grases). Der Graf liebte das Waidwerk und jagte gern in den Wäldern bei Obershausen, deshalb war ihm Obershausen besonders ans Herz gewachsen. Vielleicht lässt sich so die Schenkung der Mohrheck erklären.
Der dreißigjährige Krieg hat auch der Obershäuser Gemeinde übel mitgespielt. Im Jahre 1623, als Tillysche Reiter in Löhnberg sowie Franzosen und Spanier in Dillhausen einquartiert waren, musste Obershausen mit für die Verpflegung sorgen. 1635 erfolgte die vollständige Ausbeutung des Dorfes durch Mansfeldische Truppen. Alle Pferde wurden mitgeführt und so gab es nie wieder einen nennenswerten Pferdebestand in Obershausen. 1643 bestand Obershausen aus nur noch acht Männern, acht Frauen und neun Kindern, einer Kuh und sieben Ochsen.
1774 erwarb die Gemeinde das Hofgut Johannisburg, gegen eine jährliche Pacht von 510 Gulden.
1789 gab es in Obershausen wieder 73 Männer, 100 Frauen, 64 Kühe, 87 Rinder, 44 Ochsen, 1 Pferd, 109 Schweine und 299 Schafe. Die Koalitionskriege und die napoleonischen Kriege, Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, brachten durch Einquartierung, auch über Obershausen viel Leid.
In Obershausen bestand, wie im ganzen Westerwald, das fränkische Erbrecht. Das Erbe fiel zu gleichen Teilen an alle Kinder. 1820 begann die Umstellung von reinen Bauern zu Kleinlandwirten. Durch Spinnen und Weben erwarben sich die Bauern Nebenverdienste. Es gab damals 28 Webstühle in Obershausen.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Besitz von allen Lasten und Diensten befreit. Die Zehnten wurden abgelöst. Die 1848 gegründete Landesbank streckte den Bauern die Gelder vor. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Eisenerzgruben ausgebaut, so auch die Grube Eppstein bei Obershausen. Die Grube war zuerst staatlich und ging später an Krupp über. Durch die Industrialisierung um 1860 bekam die Bevölkerung Arbeit und Brot. Jeder Grubenarbeiter hatte zudem noch Landwirtschaft. Bis zu seiner Ablösung im Jahre 1886 bestand in Obershausen das Märkerrecht. Das bedeutete, dass jeder Vollbürger des Dorfes berechtigt war, freitags im Walde Dürrholz zu sammeln und Laubstreu zu holen. Dann erhielt jeder Märker vom Staat eine Entschädigungssumme von jährlich 28 Mark.
Bis 1902 holten die Obershäuser ihr Trinkwasser am Dorfbrunnen. 1902 wurde eine Hochdruckwasserleitung gebaut und am 18. Januar 1924 erhielt das Dorf erstmals elektrisches Licht. 1923 wurden alle Bergleute und Hüttenarbeiter arbeitslos. Die Gemeindekasse, die Kirchenkasse und die Privatkasse waren zu dieser Zeit leer. 1933 gab es nur noch drei beschäftigte Arbeiter. Die Einwohnerzahl belief sich seinerzeit auf 456 in 105 Familien. Die Gemarkung in Größe von 390 Hektar Nutzland reichte gerade aus, so dass der Bedarf und die Erzeugung sich ausglichen.
Die Ackerkrume in Obershausen war, aufgrund von verwittertem Schiefer, nicht besonders gut. Es wurden Roggen, Kartoffeln, Hafer, Weizen und Gerste angebaut. Früher auch noch Flachs, den die Bauern selbst gesponnen und zu Leinen gewebt haben. Außer dem Roteisenstein, der in der Grube Eppstein gefördert wurde, gab es am Nordwest-Hang des Schweinskopfes noch zwei Tongruben: „Landwehr“ und „Saturn“. Es kam allerdings nicht oft vor, dass Ton durch Tiefbau gefördert wurde. Die Gruben waren 50 bis 60 Meter tief und die Umladestation war in Holzhausen. Täglich wurden 200 Tonnen gefördert (von zwei Arbeitern 50 – 60 Loren).
1897 wurde in Obershausen die Raiffeisen–Genossenschafts-Kasse gegründet. Während des letzten Weltkrieges im Jahre 1944, kamen aus Frankfurt am Main, 20 evakuierte Schulkinder ins Dorf, die freundlich aufgenommen wurden. Nach Beendigung des Krieges kehrten sie wieder nach Frankfurt zurück. Dafür fanden aber bald 149 Heimatvertriebene aus dem Sudetenland und Mähren, in Obershausen ein neues Zuhause. Nun zählte Obershausen 576 Einwohner mit 138 Familien. Es waren meist kleinbäuerliche Betriebe mit Nebenerwerb durch Grube, Holzwald, Baustellen und Industrie. Es vollzog sich eine deutliche Wandlung vom Bauerndorf zum Arbeiterdorf. Mehr und mehr Bürger gaben die Landwirtschaft auf und fuhren mit dem Omnibus nach Selters, Löhnberg, Weilburg oder Wetzlar, um dort als Arbeiter ihr Geld zu verdienen.
Heute besitzt Obershausen: 202,50 Hektar Ackerland, 135,52 Hektar Wiesen, 641,52 Hektar Staatswald und 51,95 Hektar Gemeindewald. Der Durchschnitt der Betriebsgröße ist 3,02 Hektar. Aktuell zählt Obershausen 532 Einwohner (Stand 01.09.2020).